Nach Lektüre des Buches bleibt mir als interessierter Fachfrau leider nur ein „schade“ übrig.
Nachdem die Autorin einen Abriss der Neuerungen durch die Pflegereform 2017 – die bei der Zielgruppe als bekannt vorausgesetzt werden können – dargelegt hat, liest man ausführliche Informationen über Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel.
Leider versteckt sich im Buch beim Thema Tages- und Nachtpflege ein eklatanter Fehler, weil hier noch die 150 %-Regelung dargestellt wird, die aber schon 2016 nicht mehr galt. Die Leistungen der Tages- und Nachtpflege werden neben den anderen Leistungen der Pflegeversicherung zu 100 % zusätzlich gewährt. Hier hat die 200 % -Regelung die 150 % – Regelung schon länger ersetzt.
Knapp 100 der 173 Seiten befassen sich schließlich mit dem Begutachtungsinstrument. Allerdings sind die Ausführungen überwiegend eine Repetition der Begutachtungs-Richtlinien mit nur geringfügigen Anmerkungen der Autorin, die den Sachverhalt erhellen könnten. Etwa 12 der 100 Seiten sind dem Formulargutachten gewidmet, das lediglich wiedergegeben wird und m. E. keine besondere Information darstellt.
Insgesamt sechs Fallbeispiele sollen das neue System verdeutlichen, entbehren aber jeglicher Erklärung, wie die Autorin genau zu den einzelnen Einschätzungen in den Kriterien des Gutachtens gekommen ist.
Die Autorin beschränkt sich leider auf eine Falldarstellung und das anschließende Ankreuzen der Kriterien in den einzelnen Modulen – Fallbeispiel fertig.
Hier wären Erklärungen, warum genau bspw. „überwiegend selbstständig“ oder „überwiegend unselbstständig“ angekreuzt wurde, hilfreich.
Die ebenfalls im Buch vorhandenen Ausführungen zum Widerspruchsverfahren sind oberflächlich und nicht hilfreich, zumal die Erklärungen der Autorin vermuten lassen, ein Widerspruchsverfahren würde überwiegend nach Aktenlage entschieden. Dem ist aber nicht so. Es erfolgt in aller Regel ein Widerspruchsgutachten, durch einen anderen Gutachter, der das vorliegende Gutachten und die Widerspruchebgründung mit seinem eigenen Eindruck „abgleicht“.
Zudem führt die Autorin aus, dass die Beratung durch einen Fachanwalt für Sozialrecht kostenlos sei. Dies ist falsch, da auch der Fachanwalt für Sozialrecht ein privater Rechtsbeistand ist (aber mit Zusatzqualifikation) und auch Gebühren erhebt. Bezüglich der Vertretung durch einen anerkannten Rechtsbeistand fehlt die Information, dass diese Kosten bei einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren von der Kasse als Rechtsverfolgungskosten erstattet werden müssen.
Fazit: Neben den erwähnten Fehlern und Oberflächlichkeiten ist festzustellen, dass das Buch wahrscheinlich zu früh geschrieben wurde. Einen über die Begutachtungs-Richtlinien hinausgehenden Ratgeber (zwangsweise) ohne praktische Erfahrungen zu schreiben, ist sicher sehr schwierig. Denn erst die Praxis wird zeigen, worauf es bei dem neuen Begutachtunsgverfahren ankommt.
Insofern handelt es sich bei dem vorliegenden Buch überwiegend um eine Repetition der Begutachtungs-Richtlinien, ergänzt durch wenige, wirklich neue Informationen und weitere Informationen, die man bei diesem Titel gar nicht erwartet.
Deshalb: keine Kaufempfehlung!