Jürgen Kuhl praktiziert als Gynäkologe, bis er durch einen Motorradunfall eine inkomplette Tetraplegie (hohe Lähmung) erleidet. Seine Erfahrungen als Schwerkranker, der aufgrund seiner Erkrankung von anderen Menschen abhängig ist, beschreibt er in seinem Buch „Mensch ohne Schatten“.
Zunächst einmal reiht sich das Buch in eine Vielzahl von Selbsterfahrungsbüchern ein. Allerdings unterscheiden sich die Erfahrungen von Jürgen Kuhl darin, dass er Arzt ist und seine Krankheit und Behandlung nicht nur als Patient, sondern auch aus seiner ärztlichen Perspektive erlebt. Das wiederum macht das Buch interessant.
Leider ist „Mensch ohne Schatten“ aber nicht chronologisch, was zumindest bei mir zu Irritationen geführt hat: gerade erfahre ich, dass es Probleme nach einer OP gibt und einige Kapitel später erst erfahre ich, dass und warum diese OP erforderlich ist.
Dieser Verzicht auf Chronologie führt auch zu einem nicht unerheblich redundanten Inhalt. Dennoch ist es interessant, zu lesen, wie ein Mensch, der eben noch vital, sportlich und gesund sein Leben genoss, plötzlich scheinbar an einem Schlusspunkt steht, der für jeden, der es nicht selbst erlebt hat, unvorstellbar ist und es auch bleibt.
Sicher ist der Erfahrungsbericht für Ärzte und Pflegepersonal wichtig, denn die kritischen Anmerkungen des Autors könnten dieser Berufsgruppe helfen, in Bezug auf Patienten umzudenken. Auch Patienten können etwas lernen: es lohnt sich, sich zu beschweren und man wird deswegen nicht unbedingt schlechter behandelt.
Insgesamt habe ich mir inhaltlich jedoch mehr versprochen. Mir fehlt, da der Autor Arzt ist, der Versuch, sich objektiv mit unserem Gesundheitssystem und seinen Grenzen auseinander zu setzen. Jürgen Kuhl bleibt überwiegend bei sich. Insofern ist das Buch sehr selbst bezogen. Vielleicht auch mit Recht, denn es handelt sich ja um einen Selbsterfahrungsbericht.
Angaben zum Buch: Mensch ohne Schatten: Ein Arzt packt aus