Gehört zur Würde des Menschen auch, selbst zu entscheiden, wann es genug ist und man sterben möchte? – Ich denke ja. Wie schwierig es ist, diese Selbstbestimmung auch umzusetzen und in letzter Konsequenz durchzuhalten, beschreibt Frauke Luckwaldt in ihrem Buch über ihren Vater und seiner selbst bestimmten Entscheidung, sterben zu wollen. Dies, ohne unheilbar krank oder bereits sterbend zu sein. Claus, der Vater von Frau Luckwaldt, hat einfach genug vom Leben. Verwitwet trauert er seiner an Krebs gestorbenen Frau nach und möchte zu ihr. – Bei ihr sein, wie die letzten 60 Jahre.
Claus entscheidet sich, nicht mehr zu essen und zu trinken. Seine Tochter beschreibt den 40tägigen Weg zum Tod eindrucksvoll, in einer bemerkenswerten Offenheit. Es sind 40 Tage voller Höhen und Tiefen, mit Zweifeln und Ängsten. Aber auch immer mit einem Ziel, das Claus verfolgt: menschenwürdig zu sterben. Das wird ihm nicht leicht gemacht. Da gibt es die Menschen, die Angst haben, sich in einer Grauzone zu bewegen, mit der sie ihre Zukunft gefährden. Die Pastorin, die Claus immer wieder nötigt, zu trinken und seinen Weg so nicht unerheblich verlängert. Pflegekräfte, die den Wunsch verstehen, aber doch immer wieder Nahrung und Flüssigkeit anbieten müssen. Und Claus, der sein Ziel vor Augen, das selbstbestimmte Sterben zum Projekt erklärt und damit letztlich wohl auch für dieses Buch sorgt.
Ein Buch, das absolut lesenswert ist. Zwei Perspektiven, die vom Vater und die der Tochter werden gezeigt. Der Leser lernt Claus und die große Liebe zu seiner Frau auch anhand von Tagebucheintragungen aus einem gemeinsamen Tagebuch kennen.
„Ich will selbstbestimmt sterben“ ist ein Buch, das die Probleme, die entstehen, wenn man sich zu Tode hungern muss, um selbstbestimmt zu gehen, beim Namen nennt. Die Autorin beschreibt auch die Auswirkungen von Claus‘ Entscheidung: auf ihn selbst, auf seinen Körper und auf die Angehörigen und Beteiligten.
Dieses Buch sollte Pflichtlektüre sein, für pflegende Angehörige, professionell Pflegende, Ärzte und Politiker, wie einen Jens Spahn, der erst kürzlich dafür sorgte, dass Menschen ein selbstbestimmter Tod durch die Beschaffung von Medikamenten verwehrt wird.
Angaben zum Buch: Ich will selbstbestimmt sterben!: Die mutige Entscheidung meines Vaters zum Sterbefasten
Hinweis: Jens Spahn vollendet mit seiner Aufforderung an das BfArM, todbringende Medikamente nicht zu genehmigen, was sein Vorgänger, Gröhe begonnen hatte.